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17.10.2025

Gerechtfertigte fristlose Kündigung

Mitarbeiterin verletzte während Krankheit ihre Informationspflicht

Eine Arbeitnehmerin, die als Head-Bierbrauerin angestellt war, verletzte gemäss Bundesgericht ihre Treuepflicht, namentlich die Informationspflicht bzw. Mitteilungspflicht, indem sie den Arbeitgeber nicht genügend über die Dauer und den Umfang ihres krankheitsbedingten Ausfalls informierte, obwohl sie dafür im Stande gewesen wäre. Die fristlose Kündigung des Arbeitgebers wurde vom Bundesgericht als rechtmässig beurteilt und bestätigte damit die Entscheide der unteren Instanzen (BGer 4A_486/2024 vom 15. Januar 2025).

Sachverhalt

Eine Bierbrauerin mit Führungsfunktion und unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen meldete sich krank, nachdem sie am 27. Oktober vom Arbeitgeber ordentlich mit einer Frist von drei Monaten gekündigt und für die ersten zwei Tage nach Kündigungserhalt freigestellt worden war. Nachfolgend werden die Ereignisse kurz zusammengefasst und stichwortartig festgehalten.

MO 1. November
Mitarbeiterin erscheint zur Arbeit und verlässt den Arbeitsplatz frühzeitig we-gen Unwohlsein.

DI 2. November
Sie meldet sich krank.

FR 5. November
Sie teilt mit, dass sie erst am Mo., 8. Nov. zum Arzt gehen kann.

Die weitere Kommunikation erfolgt jeweils per Mail:

MO 8. November
Arbeitgeber fordert Arztzeugnis und setzt ein Gespräch für DI 9. November um 11 Uhr an. Falls dies nicht möglich sei, müsse sie bis MO 8. November um 19 Uhr Bescheid geben und das Arztzeugnis einreichen.

MO 8. November um 18.19 Uhr
Mitarbeiterin sagt den Termin ab; das Arztzeugnis folge später.

MO 8. November um 19 Uhr
Arbeitgeber verlangt eine Erklärung für die Absage bis DI 9. November um 8 Uhr und weist sie darauf hin, dass sie zu einer ordentlichen Beendigung des Arbeitsvertrages beizutragen und ihren Vertragspflichten nachzukommen habe.

DI 9. November
Arbeitgeber setzt letzte Frist bis MI 10. November um 12 Uhr für Arztzeugnis oder Arbeitsaufnahme. Er erwarte ein Arztzeugnis oder eine klare Ansage, ob und wann sie für die Arbeit wieder zur Verfügung stehe. Dies sei die letzte Nachfrist und Warnung vor weiteren Massnahmen, wie dem Einstellen der Lohnzahlung für die Fehltage bzw. die fristlose Kündigung.

MI 10. November
Mitarbeiterin reicht Arztzeugnis ein (ausgestellt am 8. Nov., bestätigt Arbeitsunfähigkeit vom 8. bis 11. November). Wiederaufnahme ab FR 12. November möglich.

DO 11. November um 21 Uhr
Mitarbeiterin teilt mit, dass sie am FR 12. November erneut einen Arzttermin habe und danach weitersehen werde.

FR 12. November bis MO 15. November
Sie meldet sich nicht mehr.

MO 15. November um 23.35 Uhr
Arbeitgeber kündigt fristlos.

DO 18. November
Mitarbeiterin reicht nachträglich ein undatiertes Arztzeugnis ein (Arbeitsunfähigkeit ab FR 12. November, 100%).

Erwägungen des Bundesgerichts

Die Mitarbeiterin gelangte mittels Klage vor Gericht und verlangte nebst Schadenersatz für die ungerechtfertigte fristlose Kündigung auch den Lohn, bzw. die Lohnfortzahlung bis Ende Mai; so lange blieb sie arbeitsunfähig. Die unteren Instanzen wiesen die Klage ab und erachteten die fristlose Kündigung als gerechtfertigt, weshalb die Mitarbeiterin damit ans Bundesgericht gelangte.

Zuerst erwähnt das Bundesgericht die allgemeinen Voraussetzungen der fristlosen Kündigungen. Es führt aus, dass nach der Rechtsprechung zu Art. 337 OR eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt sei. Diese müssen einerseits objektiv geeignet sein, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist.

Weniger schwerwiegende Pflichtverletzungen erlauben nur dann eine fristlose Kündigung, wenn sie trotz Verwarnung wiederholt vorgekommen sind. Ob die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Pflichtverletzung die erforderliche Schwere erreicht, lässt sich nicht allgemein sagen, sondern hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab.

Danach folgen die zentralen Erwägungen zum konkreten Fall:

«Das Verhalten des fristlos gekündigten Arbeitnehmers ist im Lichte seiner gesetzlichen und vertraglichen Pflichten zu würdigen. Art. 321a Abs. 1 OR verpflichtet den Arbeitnehmer unter anderem dazu, die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren. Dazu zählen auch Informationspflichten: Der Arbeitnehmer muss seinem Arbeitgeber vorhersehbare Absenzen möglichst frühzeitig in Aussicht stellen und unvorhersehbare Absenzen nach ihrem Eintritt unverzüglich melden (E. 5.5).

Eine solche Mitteilungspflicht gilt auch für krankheits- und unfallbedingte Ausfälle (E. 5.6). Sobald es der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers erlaubt, muss dieser von sich aus unverzüglich seinen Arbeitgeber kontaktieren und ihn über die voraussichtliche Dauer und den Umfang seiner Arbeitsunfähigkeit unterrichten. Der Arbeitnehmer hat seine Prognose gegebenenfalls an neue medizinische Erkenntnisse anzupassen: Ist später mit einer kürzeren oder längeren Genesungsdauer zu rechnen, muss er diese Tatsache umgehend seinem Arbeitgeber mitteilen.

Der Arbeitnehmer ist folglich während der ganzen Dauer seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung verpflichtet, seinen Arbeitgeber rasch, kontinuierlich und vollständig über seine Arbeitsunfähigkeit zu unterrichten. Dies gilt besonders für Personen, die eine zentrale Funktion im Unternehmen wahrnehmen. Nur bei einer rechtzeitigen Mitteilung kann der Arbeitgeber die geeigneten organisatorischen Massnahmen ergreifen, um den abwesenheitsbedingten Schaden für den eigenen Betrieb, Zulieferer, Kunden sowie weitere Anspruchsgruppen möglichst gering zu halten (E. 5.7.).»

Das Bundesgericht erwog auch, dass die Arbeitnehmerin Head-Brauerin und eine von zwei Festangestellten war. Aufgrund des kleinen Personalbestandes verfüge der Arbeitgeber über wenig Spielraum bei der Umverteilung der Aufgaben. Zudem stand das Weihnachtsgeschäft an, weshalb es mehr zu tun gab. Die Arbeitgeberin hatte deshalb ein legitimes Interesse, möglichst rasch zu erfahren, wann sie wieder mit dem Einsatz der Mitarbeiterin rechnen könne.


Fazit

Wenn ein Mitarbeiter sich nicht meldet, nicht rechtzeitig über Abwesenheiten sowie deren voraussichtliche Dauer informiert, ist es wichtig, dass der Arbeitgeber eine schriftliche Verwarnung mit Fristansetzung ausspricht.

Im konkreten Fall setzte der Arbeitgeber zuerst eine Frist und appellierte an die Mitwirkungspflicht während der Kündigungsfrist. Am Folgetag doppelte er nach, verlängerte die Frist um einen Tag und drohte konkreten Konsequenzen an (Lohnrückbehalt und fristlose Kündigung), falls die Mitarbeiterin die Frist nicht einhalte. Die Mitarbeiterin wiederum verpasste es mehrfach – obwohl sie in der Lage dazu war – den Arbeitgeber über den Verlauf ihrer Arbeitsunfähigkeit zu informieren.

Das vorliegende Bundesgerichtsurteil lässt hoffen, dass von Gerichten zukünftig weniger akzeptiert wird, dass Arbeitnehmer ihre Pflichten ohne Konsequenzen verletzen können. Insbesondere ist es erfreulich, dass bereits die unteren Instanzen zu diesem Schluss kamen.

Trotzdem ist zu bedenken, dass es sich um einen konkreten (Einzelfall-)Entscheid handelt (in diesem Fall: sehr kleiner Betrieb, Weihnachtsgeschäft, Führungsfunktion) und eine Beurteilung von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen kann.

Quelle: Rechtsdienst GastroSuisse


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